Videoüberwachung wird überprüft

Datenschutzbeauftragten um Stellungnahme gebeten

Fulda
Die Videoüberwachung öffentlicher Räume, Straßen und Plätze ist nicht uneingeschränkt möglich. Kritisch zu sehen ist zum Beispiel, wenn die Kameras auch Aufenthaltsbereiche von Außengastronomie während der Öffnungszeiten aufnehmen. In Fulda betrifft das folgende Gaststätten im Bereich 
• Borgiasplatz / Steinweg / Jesuitenplatz:
Vini & Panini, Extrawurst, Pappert, Alte Schule, Hansakeller, Mokkabar, Food of Asia
• Universitätsplatz:
Bäcker Happ, Pappert
• Bahnhofsplatz und Busbahnhof:
Bäckerei Pappert, Bahnhofsgrill, The Orange, Backwerk, McDonalds, Troja Dönerladen.</h3

Dazu hatte Ute Riebold für die Fraktion Die Linke.Offene Liste / Menschen für Fulda eine Anfrage gestellt, die kürzlich schriftlich beantwortet wurde. „Die Antwort ist ausführlich, lässt sich jedoch auf den letzten und wesentlichsten Satz reduziere: ‚Wir haben Ihre Anfrage allerdings zum Anlass genommen, zu dieser Frage eine Stellungnahme des Hessischen Datenschutzbeauftragten einzuholen‘.“ Ute Riebold begrüßt das: „Gut, dass der Datenschutzbeauftragte gebeten wird einzuschätzen, ob es mit dem Schutz des Persönlichkeitsrechts vereinbar ist, sämtliche Kaffee trinkenden Gäste der im Fokus liegenden 15 Lokale anlasslos zu überwachen.“

Wortlaut der Antwort:
Anfrage der Fraktion DIE LINKE. Offene Liste/Menschen für Fulda vom 05.06.2018 bezüglich Videoüberwachung des öffentlichen Raumes

Antwort von Herrn Bürgermeister Dag Wehner

Frage 1:
Welche Außenbereiche welcher Gastronomiebetriebe liegen im Aufnahmeradius solcher Kameras?

Antwort:
Die Sondernutzungsflächen folgender Gastronomiebetriebe werden von den Kameras im öffentlichen Bereich erfasst:
1. Borgiasplatz / Steinweg / Jesuitenplatz: Vini & Panini, Extrawurst, Pappert, Alte Schule, Hansakeller, Mokkabar, Food of Asia
2. Universitätsplatz: Bäcker Happ, Pappert
3. Bahnhofsplatz: Bäckerei Pappert, Bahnhofsgrill, The Orange, Backwerk, Mc Donalds, Troja Dönerladen

Frage 2:
Wie wird verhindert, dass Menschen, die diese Gastronomiebetriebe besuchen, von diesen Kameras erfasst bzw. beobachtet werden?

Antwort:
Rechtsgrundlage für die Videoüberwachung ist § 14 Abs. 4 Nr. 1 HSOG. Danach können die Gefahrenabwehrbehörden unter den dort genannten Voraussetzungen zur Sicherung öffentlicher Straßen und Plätze mittels Bildübertragung offen beobachten und aufzeichnen. Die Videoüberwachung auf den öffentlichen Plätzen im Innenstadtbereich der Stadt Fulda dient zur Prävention und Aufklärung von Straftaten und soll den Bürgerinnen und Bürgern, die die öffentlichen Plätze aufsuchen, mehr Sicherheit vermitteln. Personen, die sich auf den Plätzen im öffentlichen Bereich aufhalten, werden von den Kameras erfasst. Dies betrifft auch die sondergenutzten Bereiche der Außengastronomie, die dadurch ihre Eigenschaft als öffentliche Straße oder öffentlicher Platz nicht verlieren.

Die Gefahrenabwehrbehörde erachtet die Überwachung auch als verhältnismäßig, da die Videoüberwachung nicht in einen privaten Bereich eindringt. Das Persönlichkeitsrecht der Besucher der Außengastronomiebetriebe ist durch die Videoüberwachung nicht stärker betroffen als wenn sie sich auf der überwachten Straße oder dem überwachten Platz bewegen würden. Die Außengastronomiebereiche sind ohne weiteres durch jedermann einsehbar und vermitteln nicht den Eindruck eines Privatbereichs. Auch ein vor Ort anwesender Polizei- oder Ordnungspolizeibediensteter könnte die Bereiche entsprechend einsehen. Der Schutzbereich des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs wird durch die Überwachung nicht tangiert, da dieses Grundrecht keinen Anspruch auf einen unbeobachteten Außengastronomiebereich auf einer öffentlichen Fläche vermittelt.

Wir haben Ihre Anfrage allerdings zum Anlass genommen, zu dieser Frage eine Stellungnahme des Hessischen Datenschutzbeauftragten einzuholen.
Wortlaut-Ende

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Eine Antwort zu Videoüberwachung wird überprüft

  1. datenschutzrheinmain sagt:

    Unter mehreren Gesichtspunkten interessant ist die Antwort des Magistrats:

    Zu Frage 2 “Wie wird verhindert, dass Menschen, die diese Gastronomiebetriebe besuchen, von diesen samt Kameras erfasst bzw. beobachtet werden?” antwortet der Magistrat: “Rechtsgrundlage für die Videoüberwachung ist § 14 Abs. 4 Nr. 1 HSOG (https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/lexsoft/default/hessenrecht_rv.html?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=140&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-SOGHErahmen%3Ajuris-lr00&doc.part=X&doc.price=0.0&doc.hl=1#docid:169564,15,20180525). Danach können die Gefahrenabwehrbehörden unter den dort genannten Voraussetzungen zur Sicherung öffentlicher Straßen und Plätze mittels Bildübertragung offen beobachten und aufzeichnen. Die Videoüberwachung auf den öffentlichen Plätzen im Innenstadtbereich der Stadt Fulda dient zur Prävention und Aufklärung von Straftaten und soll den Bürgerinnen und Bürgern, die die öffentlichen Plätze aufsuchen, mehr Sicherheit vermitteln. Personen, die sich auf den Plätzen im öffentlichen Bereich aufhalten, werden von den Kameras erfasst. Dies betrifft auch die sondergenutzten Bereiche der Außengastronomie, die dadurch ihre Eigenschaft als öffentliche Straße oder öffentlicher Platz nicht verlieren. Die Gefahrenabwehrbehörde erachtet die Überwachung auch als verhältnismäßig, da die Videoüberwachung nicht in einen privaten Bereich eindringt. Das Persönlichkeitsrecht der Besucher der Außengastronomiebetriebe ist durch die Videoüberwachung nicht stärker betroffen als wenn sie sich auf der überwachten Straße oder dem überwachten Platz bewegen würden. Die Außengastronomiebereiche sind ohne weiteres durch jedermann einsehbar und vermitteln nicht den Eindruck eines Privatbereichs. Auch ein vor Ort anwesender Polizei- oder Ordnungs-polizeibediensteter könnte die Bereiche entsprechend einsehen. Der Schutzbereich des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs wird durch die Überwachung nicht tangiert, da dieses Grundrecht keinen Anspruch auf einen unbeobachteten Außengastronomiebereich auf einer öffentlichen Fläche vermittelt.”

    Eine rechtlich durchaus fragwürdige Argumentation:

    1.
    Die Bedingung für Videoüberwachung öffentlicher Plätze, auf die sich die Stadt Fulda beruft, lautet: “Die Gefahrenabwehrbehörden können mittels Bildübertragung offen beobachten und aufzeichnen 1. zur Sicherung öffentlicher Straßen und Plätze, auf denen wiederholt Straftaten begangen worden sind, sofern tatsächliche Anhaltspunkte für weitere Straftaten bestehen…”

    2.
    Ob legal durch kommunale Satzung und/oder Vertrag an private Gastronomiebetreiber üerlassene öffentliche Verkehrsflächen noch in den Geltungsbereich des § 14 Abs. 4 Nr. 1 HSOG fallen, erscheint mindestens zweifelhaft. Denn die Überwachung durch die Kommune greift erstens in das Hausrecht der Betreiber*innen der Gastronomiebetriebe ein. Und zweitens bewegen sich Besucher*innen dieser Gastronomiebetriebe deshalb in einem Bereich, der nicht mehr dem uneingeschränkten Verfügungsrecht der Kommune unterliegt.

    3.
    Auch technisch wäre es mit nur geringen Aufwand möglich, die Außenbereiche der Gastronomiebetriebe aus dem Schwenkbereich der Kameras auszublenden und/oder die Aufnahmen dieser Bereiche vor einer Einsichtnahme oder gar Speicherung durch kommunale Ordnungskräfte oder die Polizei zu verpixeln.

    Positiv an der Antwort des Magistrats: “Wir haben Ihre Anfrage allerdings zum Anlass genommen, zu dieser Frage eine Stellungnahme des Hessischen Datenschutzbeauftragten einzuholen.” Dessen Antwort dürfte nicht nur für Fulda von Interesse sein.

    Wünschenswert wäre, wenn das Beispiel aus Fulda Schule machen würde und Anfragen dieser Art auch in anderen Stadt- und Gemeindeparlamenten gestellt würden.

    ——————————————————————————————–

    Diese Stellungnahme wurde zuerst veröffentlicht auf der Homepage der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main (https://ddrm.de/fulda-eine-anfrage-zur-videoueberwachung-im-oeffentlichen-raum-und-die-antwort-des-magistrats/)

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