Von Karin Masche, Vorsitzende der Stadtfraktion Die Linke.Offene Liste / Menschen für Fulda
Auch in diesem Jahr haben wir uns mit den zentralen Themen „Wohnen, Mieten, Stadtentwicklung“, Öffentliches Eigentum, Mobilität und Arbeit befasst und 21 Anträge dazu gestellt, die in den Ausschüssen mehr oder weniger ausführlich behandelt wurden.
Es geht unserer Stadt prächtig, seit Jahren werden Überschüsse bei den Einnahmen erzielt. In 2016 waren es wiederum 14,5 Millionen €. Das Rechnungsprüfungsamt kritisiert die Praxis aus 2015 die Einnahmenseite immer zu niedrig anzusetzen.:
„Im Bereich der Investitionen sind insgesamt TEUR 11.373 übertragen worden. Von den im Vorjahr übertragenen Haushaltsresten in Höhe von TEUR 14.544 wurden im laufenden Jahr 2015 lediglich TEUR 4.599 (31,6 %) in Anspruch genommen. Es ist davon aus zu gehen, dass in 2016 eine ähnliche Größenordnung abgewickelt wird.
Wir empfehlen, die Haushaltsreste künftig wieder auf eine vertretbare und abwickelbare Größenordnung zurückzuführen.“
Geld ist also seit Jahren eigentlich genug da für die Dinge, die der Mehrheit der in Fulda Lebenden wichtig sind:
- für mehr bezahlbaren Wohnraum
- für Arbeitsplätze auch bei der Stadt, die nicht befristet sind, auskömmlichen Lohn bieten und nicht in Altersarmut münden
- für die Option sich in einer städtischen Einrichtung für Senioren umsorgen zu lassen
- für Studenten, die meist mit kleinem Geldbeutel ausgestattet sind
- für Mobilität für Alle, auch Kinder, Jugendliche und Senioren
- Für eine Stadt mit mehr Aufenthaltsqualität
Es gibt kleine Erfolge zu vermelden, die in Kontinuität unserer bisherigen Arbeit stehen.
Auf unseren Antrag hin wurden wieder Mittel für einen Umweltpreis eingestellt, der schon Jahre nicht mehr vergeben wurde.
Auch beantragten wir im letzten Jahr städtische Unterstützung der Initiative Kino 35 auf dem Areal der Langebückenstraße 14. Eine Summe von 2000 Euro wurden im letzten Jahr nachträglich in den Haushalt dafür eingestellt. Beim gesamten Grundstück mit Vorderhaus, Hinterhof und Fabrikhallen sollte geprüft werden, ob nicht Stadt gemeinsam mit dem Studentenwerk studentischen Wohnraum mit einem soziokulturellem Zentrum schaffen kann.
In diesem Jahr überraschte der Oberbürgermeister im Ausschuss mit der Aussage, dass die Stadt im vorderen Bereich eine „Eigentümerrolle anstrebe“.
Wir schauen da optimistisch in die Zukunft. Auch dem erneut vorgebrachten Wunsch der IG Löherstraße in einem historischen Hinterhof ein Kulturzentrum zu ermöglichen wurde entsprochen: „Eignung und Verfügbarkeit“ des Gebäudes soll geprüft werden. Positiv auch der Umgang mit der Unterstützung der Initiative „welcome in“ für ein Begegnungszentrum „Wohnzimmer“. Auch wenn in allen drei Fällen leider keine Ansätze in den Haushalt eingestellt wurden, werden wir dem Produktbereich zustimmen, zumal auch der letztjährige Antrag „Last Minute Karten“ für das Schlosstheater inzwischen umgesetzt wurde. Das wars dann aber auch.
Gemauert wurde, die Öffnungszeiten des Rosenbades wieder auf das Niveau vor 2011 zu bringen, aus Kostengründen war damals gekürzt worden. Die Stadt schwimmt im Geld und Leuten ohne Balkon, Garten und Urlaubsreise wird auch dieses kleine Sommervergnügen beschnitten. Die jährlichen Mehreinnahmen-Millionen aus der Gewerbesteuer wurden anderweitig verwendet.
Die Linke. Offene Liste lehnte 2013 die Erhöhung der Buspreise um bis zu 17% ab und versuchte dies öffentlich zu thematisieren. Doch OB Möller unterstützte das Ansinnen des RMV zur Einführung der teuren Stadtpreisstufe in den Sonderstatusstädten. Dieser und weiteren folgenden Preiserhöhungen standen bisher keine Qualitätsverbesserungen gegenüber. Forderungen in dieser Richtung wurden mit dem Hinweis auf den in Arbeit befindlichen Nahverkehrsplan abgewürgt. Erfreulich, dass nun doch eine Verbesserung der ÖPNV Anbindung des Industriegebietes Fulda West installiert wurde – seit langem eine unserer Forderungen. Wir brauchen Nachtbusse wie in Gießen und Änderungen der eingeschränkten Bedienung in den Schwachlastzeiten am Abend und samstags.
Dass viel mehr möglich ist, zeigt die Lokale Nahverkehrsgesellschaft des Landkreises Fulda (LNG), die mit dem RMV verhandelte und eine Preissenkung von bis zu 20% erreichte.
So wechseln Strecken von der Preisstufe 2 in Stufe 1 bzw. von Preisstufe 3 in die Stufe 2. Eine richtige Entscheidung, um die Auslastung des ÖPNV-Angebotes zu erhöhen.
Genau in diese Richtung geht unser Antrag, mit dem RMV und dem Land Hessen zu verhandeln, damit die Zeitkarten für Schüler*innen und Auszubildende – günstiger werden. Fuldaer Kinder an der Konrad-Adenauer-Schule benötigen Tickets der Preisstufe 2, obwohl die Haltestelle nur wenige Meter von der Stadtgrenze entfernt liegt. Auch Kinder und Jugendliche, die aus Künzell oder Petersberg, die Fuldaer Schulen besuchen oder eine Ausbildung absolvieren, wird statt der Billigeren die Preisstufe 2 abgeknöpft. Dies trifft die Eltern hart, die ja ab der Klassenstufe 10 keine Fahrtkostenerstattung für die Jugendlichen mehr erhalten.
Wir brauchen kostenlose Schülerbeförderung bis zum Ende der Schulzeit, sonst ist Schulische Bildung eine Frage des Geldbeutels. Dies muss den Regierenden in Wiesbaden nahe gebracht werden. Aber zumindest kann die Stadt Fulda – wie es der Kreis Fulda vorgemacht hat mit dem RMV für seine Bürgerinnen und Bürger verhandeln:
Wir wollen die Preisstufe 1 im Stadtraum Fulda – zumindest für alle Kinder- und Jugendlichen, die in Fulda lernen.
Seien Sie freundlich zum Klima und erhöhen Sie die Nutzung der ÖPNV-Infrastuktur durch niedrigere Preise für Alle – so wie uns der Kreis Fulda es vormacht!
Wir wollen unsere Stadt nachhaltig entwickeln, Mobilität für alle auch künftig sicherstellen.
Bisher werden in Fuldas Innenstadt nach wie vor die Interessen des Autoverkehrs bedient. Raum und Aufenthaltsqualität für Menschen zu erreichen macht die Qualität der Innenstadt, gerade auch für Touristen aus.
Wir begrüßen, dass in absehbarer Zeit auch der mittlere Abschnitt der Bahnhofstraße zum Flanieren einladen wird. Gerade in diesen Tagen beim Winterwald am Ende der Friedrichstraße ist zu beobachten, wie sich der Durchgangsverkehr reduziert hat durch dieses Umfeld. Ein „shared space“ ist entstanden, Fußgänger erobern sich die gepflasterte Straße und die wenigen durchfahrenden Autofahrer nehmen Rücksicht. So wäre es auch angenehm in Fulda zu radeln und nicht von rasenden Autos bedrängt zu werden. Aber das Klima, das Stadt schafft bewirkt dies: Regelmäßig wird an Baustellen monatelang der Fuß- und Radverkehr behindert, gefährdet oder auf die Gegenseite verwiesen, Fahrradständer werden auf den Gehwegen montiert wenn an „Fahrradparken“ überhaupt gedacht wird, immer wieder behindern Werbeschilder die Bewegung im öffentlichen Raum.
Immer größere und schwerere LKWs fahren Fuldas Straßen kaputt und die belästigten Anlieger sollen dann auch noch die Kosten tragen. Wir beantragten einen Sperrvermerk für den Haushaltsposten zur Niesiger Straße bis die rechtliche Situation des Baus geklärt wird. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt.
Die Einkommenssituation breiter Kreise der Bevölkerung hat sich durch Niedriglohn und Zeitarbeit wesentlich verschlechtert. Unser im Juli gestellte Antrag, sich mit der vorliegenden Studie der Hochschule zur Altersarmut in Fulda zu beschäftigen, ist immer noch nicht im Sozialausschuss behandelt worden.
Auch die Stadt Fulda hat sich am Knausern an den Löhnen der Beschäftigten beteiligt. Wir begrüßen, dass inzwischen Stellen für Erzieherinnen und Erzieher in städtischen Kindertagesstätten direkt von der Stadt Fulda ausgeschrieben und besetzt werden. Weiterhin gibt es aber Springerstellen über die städtische Leiharbeitsfirma, die nicht nach dem Tarif des Öffentlichen Dienstes entlohnt werden. Auch im Betriebsamt werden Vollzeitstellen in Leiharbeit besetzt, Stellen wurden nur befristet ausgeschrieben und besonders in der Jugendarbeit gibt es Werk- und Lehrverträge, die trotz Weisungsgebundenheit ohne jeglichen Sozialversicherungsschutz daher kommen. All diesen Beschäftigten müssen regelhafte Arbeitsplätze angeboten werden. Schon jetzt können nicht alle ausgewiesen Stellen gerade im Sozial- und Jugendbereich im Stellenplan besetzt werden weil Fachkräfte fehlen.
Auch im Bereich der ausgegliederten Gesellschaften wie beim Klinikum und ihren Tochterfirmen gibt es vermehrt Verträge außerhalb der öffentlichen Tarifstruktur. Wir wollen, dass die Stadt Fulda bei der Klinikum gAG darauf hin wirkt, dass in den Tochterfirmen und Beteiligungen die Tarife des öffentlichen Dienstes gezahlt werden.
Der entsprechende Antrag „Faire Arbeit – Fairer Lohn“ wurde abgelehnt.
Während der Haushaltsberatungen beschloss gar die gemeinnützige Klinikum gAG unter Vorsitz von Oberbürgermeister Wingenfeld den Verkauf der ehemals städtischen bzw. kreiseigenen Senioreneinrichtungen Sankt Lioba und Heilig Geist. Somit wird es in Fulda kein kommunales Korrektiv mehr geben und die Senioren werden dem Pflegemarkt ausgeliefert. Auch honorige Verbände wie Caritas, AWO oder DRK unterliegen den Marktmechanismen.
Pflege und Gesundheit darf nicht zur Ware werden!
Hier müssen wir als Stadt gegen halten!
Was die Mehrheitsfraktionen den für das Wohl der Stadt Arbeitenden vorenthält, genehmigen sie sich jedoch selbst. Aus den Reihen der CDU kam der Vorschlag, die Aufwandsentschädigung für Stadtverordnete und die Finanzmittel für die Fraktionen zu erhöhen und die CDU stellte den entsprechenden Antrag in einer Allianz mit CWE, SPD, GRÜNE und FDP, um drohende Kritik an der Selbstbedienung nicht alleine abzubekommen, dem schloss sich freudig die REP-Fraktion an.
Wir machen diesen Deal nicht mit und stimmten im Ausschuss als einzige Fraktion gegen dieses Ansinnen für das 114 000 € zusätzlich im Haushalt veranschlagt wurden.
Über die Beteiligung der anderen demokratischen Oppositionsfraktionen an dieser Selbstbedienung sind wir enttäuscht, auch weil sich andeutet, dass die CDU/CWE-Koalition bei der Novellierung der Geschäftsordnung die Rolle der Opposition schwächen will und bisher allen Vorschlägen, mehr Bürgerbeteiligungsinstrumente zu entwickeln, ablehnend gegenübersteht.
Im Haupt- und Finanzausschuss musste ich zudem zur Kenntnis nehmen, dass der Oberbürgermeister Fürsorge für Fuldas Senioren nicht als Kern“geschäft“ der Stadt und des Klinikums betrachtet, aber zum Ende der Beratungen ohne die notwendigen Hintergrundinformationen 10 Millionen Euro als Bereitstellung und Verpflichtungsermächtigung für Umgestaltungen im Bereich Kongressstandort Esperanto/Ochsenwiese/Bahnhof fordert.
Eine Verpflichtung von Kongresszentrum, Messe und DB, selbst Parkraum für ihre Kunden bereitzuhalten -wie von jedem kleinen Bauherrn verlangt wird- kommt ihm nicht in den Sinn. Die Stadt soll investieren damit private und privatisierte Unternehmen ihrem Geschäft nachgehen können.
10 Millionen Euro sehen wir besser investiert in bezahlbaren Wohnraum für die Menschen dieser Stadt. Diese Summe wäre ein angemessener Grundstock für eine kommunale Wohnungsgesellschaft.
Aus diesen und den eingangs erwähnten Gründen lehnen wir diesen Haushalt mit seinen falschen Weichenstellungen, den darin vorgesehenen Ausgaben und Investitionen ab.
Wir lehnen ihn ab im Sinne der Mieter, der Beschäftigten, für die Lernenden, die Arbeitssuchenden und Alten. Und für das Klima in unserer Stadt.