Transparente Verwaltung in Fulda unerwünscht
Fulda
„Wieder was gelernt! Informationsfreiheit und Transparenz sind in Fulda unerwünscht – zumindest von der Mehrheit im Fuldaer Stadtparlament. Auch der Oberbürgermeister sieht keinen Bedarf darin, den Menschen dieser Stadt das Recht zu geben, Informationen über das Verwaltungshandeln zu erhalten“, fasst Dajana Andre die Ablehnung des entsprechenden Antrags (Wortlaut untenstehend) zusammen.
Seit 2006 gilt auf Bundesebene ein Informationsfreiheitsgesetz, im Mai 2018 zog Hessen als 13. Bundesland nach. So hat jede und jeder gegenüber öffentlichen Stellen einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen – nicht jedoch auf der kommunalen Ebene, obwohl das Bedürfnis nach amtlichen Informationen auf kommunaler Ebene erfahrungsgemäß am größten ist, besteht der Anspruch auf Information von städtischen Behörden für die Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt nicht.
„Unser Vorschlag eine dementsprechende Satzung zu erarbeiten, wurde abgelehnt, obwohl sich weite Teile der Opposition durchaus weiter mit dieser Idee beschäftigen wollten“, kritisiert Frau Andre. „Da fragt man sich schon, was eigentlich befürchtet wird: Dass eine Lawine an Anfragen die Stadtverwaltung lahm legt? Dafür gibt es auch nicht den geringsten Anlass. Sowohl in Bundesbehörden, als auch in Behörden der Länder, in denen schon länger ein Anspruch auf Information besteht, noch in Kommunen, die entsprechende Satzungen erlassen haben, haben Anfragen die Arbeit behindert. Es geht wohl darum, dass die Fuldaer Verwaltung wie bisher die Hoheit darüber behalten wird, was veröffentlicht wird und welche Informationen an wen weitergegeben werden.“
„Ein Abschied vom Prinzip Amtsgeheimnis würde eine grundlegende Kulturveränderung in der Verwaltung und auch in der Politik einleiten, genau so begegnet man Politikverdrossenheit! Wie kann sich denn eine Bürgerin, ein Bürger unserer Stadt aktiv politisch beteiligen oder gar einbringen, wenn die notwendigen Informationen, um Hintergründe abzuwägen, vorenthalten werden“, begründet die Fraktion Die Linke.Offene Liste / Menschen für Fulda ihre Initiative.
Demokratie erfordere Transparenz und Kontrolle. Korruptions- und Spendenskandale belegten die Notwendigkeit transparenter Strukturen und Verfahren in einem modernen, demokratischen Rechtsstaat.
„Nur informierte Bürgerinnen und Bürger können sich konstruktiv einbringen. Die Ablehnung unseres Antrages legt den Verdacht nahe, dass solches Engagement nicht gewollt ist oder eine gewisse Angst besteht, sich in die Karten schauen zu lassen“, erklärt Dajana Andre abschließend.
Wortlaut Anfang
30.07.2018
Antrag zur unmittelbaren Beratung und Beschlussfassung
SVV 27.08.2018
Informations- und Transparenzsatzung – Transparenz schafft Vertrauen
Die Fraktion Die Linke.Offene Liste / Menschen für Fulda beantragt:
Gemäß § 81 Abs. 1 Ziff. 7 des „Hessischen Gesetzes zur Anpassung des Hessischen Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) Nr. 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) Nr. 2016/680 und zur Informationsfreiheit“ beschließt die Stadtverordnetenversammlung Fulda eine Satzung, mit der die Anwendung des Vierten Teils – Informationsfreiheit – dieses Gesetzes auf die Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen der Stadt Fulda bestimmt wird. Der Magistrat wird aufgefordert, einen entsprechenden Satzungsentwurf zur Beschlussfassung vorzulegen.
Begründung:
Nach § 80 Abs. 1 dieses Gesetzes hat jeder (und wohl auch jede) nach Maßgabe des Vierten Teils gegenüber öffentlichen Stellen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Amtliche Informationen sind danach alle amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Gemäß § 81 Abs. 1 Ziff. 7 des Gesetzes gilt dies für Behörden und sonstige Stellen der Gemeinden und Landkreise sowie deren Vereinigungen jedoch nur, soweit die Anwendung des Vierten Teils durch Satzung ausdrücklich bestimmt wird.
Auf Bundesebene gilt bereits seit dem 1. Januar 2006 das „Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes“ (Informationsfreiheitsgesetz / IFG / IFG-Bund), Hessen ist als 13. Bundesland nachgezogen. Seit dem 25. Mai 2018 ist das Gesetz in Kraft. Das Informationsbedürfnis der Bevölkerung nach amtlichen Informationen der Stadt ist sicher mindestens ebenso hoch wie das nach Informationen von Landes- und Bundesbehörden.
Demokratie erfordert Transparenz und Kontrolle. Das Handeln öffentlicher Verwaltungen sollte für alle Bürgerinnen und Bürger prinzipiell offen zugänglich sein. Eine solche Satzung ist ein wertvoller Baustein hin zu einer bürgerfreundlichen Verwaltung. Jede/r hat ein Recht darauf zu erfahren, wie sich die Kommune engagiert, was genau in einem Gutachten steht, welche Kosten entstehen und welcher Art die Hintergründe für öffentliche Entscheidungen sind.
Informationen sollen nicht nur auf individueller Nachfrage hin einzelnen gegenüber offengelegt werden. Die Arbeit der Verwaltung soll auch über die Website der Stadt transparent gemacht werden. In den vergangenen Jahren wurde das Informationsangebot auf https://www.fulda.de stets erweitert. Auf dieser Basis kann gut aufgebaut werden. Insbesondere sollten noch veröffentlicht werden: Gutachten, Studien, Statistiken, Verwaltungsvorschriften, Dienstanweisungen, Geschäftsverteilungspläne, Verträge, Subventions- und Zuwendungsbescheide.
Korruptions- und Spendenskandale belegen die Notwendigkeit transparenter Strukturen und Verfahren in einem modernen, demokratischen Rechtsstaat. Die Informations- und Transparenzsatzung beugt Korruption vor, denn sie vergrößert die Transparenz und verbessert die Kontrolle der Verwaltung. So wird Verwaltungshandeln offen gelegt und nachvollziehbar gemacht.
Mit dem Abschied vom Prinzip “Amtsgeheimnis” wird eine grundlegende Kulturveränderung in der Verwaltung eingeleitet und damit auch steigender Politikverdrossenheit begegnet.
Ausgenommen von der Auskunfts- und Veröffentlichungspflicht sind Daten, die das Persönlichkeitsrecht betreffen und bei denen ein gesetzlicher Grund einer Veröffentlichung entgegensteht.
Dajana Andre
Wortlaut Ende