Linke Stadtfraktion Fuldas sieht nur wenig Lichtblicke
Fulda
Die Stadtverordnetenfraktion Die Linke.Offene Liste / Menschen für Fulda kritisiert den Haushaltsplanentwurf 2017: „Bei den Beratungen in den insgesamt sieben Ausschusssitzungen gab es zwar ein paar Lichtblicke, doch unterm Strich ist die Verkehrsplanung noch immer primär an den Bedürfnissen des Autoverkehrs ausgerichtet, Anstrengungen für die Entwicklung einer echten Bürgerbeteiligungskultur sind nicht zu erkennen, Verantwortung für die Menschen unserer Stadt wird abgegeben (Verkauf unserer Seniorenheime) oder gar nicht erst übernommen – wie z. B. die Weigerung, Familien vor einer Stromsperre zu bewahren, deutlich macht.“
„Andererseits schlägt die CDU vor, die Aufwandsentschädigung für Stadtverordnete und die Finanzmittel für die Fraktionen zu erhöhen und stellt den entsprechenden Antrag in einer Allianz mit CWE, SPD, GRÜNE und FDP (Antrag 67), um drohende Kritik an der Selbstbedienung nicht alleine abzubekommen. Im Finanzausschuss schloss sich noch die REP-Fraktion an“, ergänzt Fraktionsvorsitzende Karin Masche. Das Sitzungsgeld werde von 20 auf 25 Euro angehoben – unabhängig davon, ob der Termin 30 Minuten oder fünf Stunden dauere. „Auch die Erhöhung der monatlichen Entschädigung um 20 % lehnen wir ab – als einzige Fraktion. Über die Beteiligung der anderen demokratischen Oppositionsfraktionen an dieser Selbstbedienung sind wir insbesondere deswegen enttäuscht, weil sich andeutet, dass die CDU/CWE-Koalition bei der Novellierung der Geschäftsordnung die Rolle der Opposition schwächen will und bisher allen Vorschlägen, mehr Bürgerbeteiligungsinstrumente zu entwickeln, ablehnend gegenübersteht. Vor diesem Hintergrund schlägt die Opposition mit Ausnahme von uns der Koalition auch noch die Bresche in Sachen ‚Diäten‘-Erhöhung.“ Der kritisierte Antrag kann hier nachgelesen werden: Antrag Nr. 67
„Dass sowohl der Haushalt 2016 mit einem weit höheren Plus abschließt als erwartet, als auch die im vorliegenden Haushaltsplanentwurf prognostizierten Einnahmen bereits nach oben korrigiert wurden, ist überaus erfreulich. Doch umso empörender wirkt, dass der Ansatz für ‚Familien in Not‘ nicht erhöht wurde, um in finanzielle Not geratene Menschen vor der Sperrung ihres Stromanschlusses zu bewahren. Und dass die beiden städtischen Seniorenheime, die seit ca. 12 Jahren durch unser Klinikum betrieben werden, verkauft werden, ist auch nicht im Sinne eines fürsorgenden Gemeinwesens, als das zumindest wir eine Stadt auch definieren“, kritisiert Dajana Andre, die im Ausschuss für Soziales, Familie und Jugend mitwirkt.
Fraktionsvorsitzende Karin Masche kritisiert, dass für die Stadt Fulda tätige Menschen noch immer nicht alle den Tarif des Öffentlichen Dienstes erhalten und die Neueinstellungen in der Regel nur befristet oder in Leiharbeitsverhältnissen mit Lehr- und Werkverträgen beschäftigt sind. „Im Haupt- und Finanzausschuss musste ich zudem zur Kenntnis nehmen, dass der Oberbürgermeister Fürsorge für Fuldas Senioren nicht als Kern“geschäft“ der Stadt und des Klinikums betrachtet, aber zum Ende der Beratungen ohne die notwendigen Hintergrundinformationen 10 Millionen Euro als Bereitstellung und Verpflichtungsermächtigung für Umgestaltungen im Bereich Kongressstandort Esperanto/Ochsenwiese/Bahnhof fordert. Eine Verpflichtung von Kongresszentrum, Messe und Bahn, selbst Infrastruktur für ihre Kunden bereitzustellen, sehe er aber nicht. 10 Millionen Euro sehen wir besser investiert in bezahlbaren Wohnraum für die Menschen dieser Stadt. Das wäre ein angemessener Grundstock für eine kommunale Wohnungsgesellschaft.“
Dr.-Ing. Naim Wardak trägt die Lichtblicke der Haushaltsberatungen bei: „Bezüglich unserer Anträge ‚Unterstützung der Willkommensinitiative Welcome In‘, Erhalt des Kulturzentrums L14 und einer möglichen Übernahme des Gebäudes Löherstraße 19 (ehemals Red Corridor Gallery) haben wir den Eindruck gewinnen können, dass das entsprechende Engagement der Verwaltung tatsächlich bereits in diese Richtung geht. Entsprechende Haushaltsansätze wurden jedoch nicht gebildet.“
„Bedauerlicherweise betrifft das nicht die Verlängerung der Öffnung des Rosenbads. Schwimmen ist eine der wenigen sportlichen Betätigungen, die sowohl für Alt und Jung, als auch für Frauen und Männer geeignet und gesund sind. Zudem dient unser Freibad insbesondere auch den Familien als Ort der Entspannung, die weder über Balkon noch Gartenzugang verfügen oder sich keinen Urlaub leisten können. Diese Mehrausgaben würden unsere Stadt nicht nur attraktiver machen, sondern unser Gemeinwesen auch ein klein wenig gerechter werden lassen“, erläutert Dajana Andre die soziale Dimension dieser Initiative.
Zudem kritisiert die Fraktion, dass jede Initiative, die Tarife der Stadtbusse für die Nutzer*innen günstiger zu gestalten abgelehnt wird: „Dass das geht und zum 11. Dezember umgesetzt wurde, zeigen die Verhandlungen der Lokalen Nahverkehrsgesellschaft des Landkreises Fulda (LNG) mit dem für den Tarif im ÖPNV zuständigen Rhein-Mainz-Verkehrsverbund (RMV). Zum Beispiel wechseln viele Ortsteile in der Relation zur Kerngemeinde von der Preisstufe 2 in Stufe 1 bzw. von Preisstufe 3 in die Stufe 2. Das bewirkt Ersparnisse von bis zu 20 Prozent. Eine richtige Entscheidung, um die Auslastung des ÖPNV-Angebotes zu erhöhen. Genau in diese Richtung geht unser Antrag, mit dem RMV und dem Land Hessen zu verhandeln, damit die Clevercard – die Zeitkarten für Schüler*innen und Auszubildende – günstiger werden.“ Ein Argument dafür sei, dass derzeit die Fuldaer Kinder, die die Konrad-Adenauer-Schule besuchen, Tickets der Preisstufe 2 benötigen, obwohl die Haltestelle nur wenige Meter von der Stadtgrenze entfernt liegt.
„Unser Schwerpunkt im Bereich Stadtplanung, Verkehr, Umwelt liegt darin, unsere Stadt nachhaltig zu entwickeln, Mobilität für alle auch künftig sicherzustellen. Das heißt, dass auch Fuldas Innenstadt in erster Linie Raum und Aufenthaltsqualität für Menschen bietet und nicht primär die Interessen des Autoverkehrs bedient werden“, erklärt Stadtverordnete Ute Riebold. „Dass in absehbarer Zeit auch der mittlere Abschnitt der Bahnhofstraße Fußgängerzone wird, begrüßen wir daher sehr. Nicht so erfreulich wurde unser Antrag zur Friedrichstraße beschieden. Diese Straße will die Mehrheit auch künftig durch Autos dominieren lassen. Ein unverkennbares Beispiel dafür, dass in Fulda Verkehrspolitik betrieben wird, die schon längst in die Mottenkiste verbannt werden müsste, will man die Herausforderungen der Zukunft nicht verschlafen. Deutlich wird das Festhalten an der Ideologie der autogerechten Stadt auch in der kategorischen Ablehnung der Idee, wenigstens einen Teil der fehlenden Fahrradabstellplätze auf den bisher den Autos vorbehaltenen Flächen zu installieren – argumentiert wird in schönster postfaktischer Manier, fern jeglicher Erkenntnisse. Nach wie vor werden die Fahrradständer auf den Gehwegen montiert – es wird der Fußverkehr und nicht der Autoverkehr eingeschränkt: Verkehrspolitik à la Fulda“, kritisiert Ute Riebold.
Abschließend lädt die Fraktion alle Interessierte ein, die abschließenden Stellungnahmen und Diskussionen über den Haushaltsplan 2017 der Stadt Fulda in der Stadtverordnetenversammlung live zu erleben. Die Sitzung am kommenden Freitag (16. Dezember 2016) beginnt allerdings bereits um 15 Uhr. Man kann jedoch auch noch später dazu stoßen. Die Stadtverordnetenversammlung wird voraussichtlich bis ca. 20 Uhr dauern – ggf. auch länger. Vor den eigentlichen Haushaltsberatungen werden die Bebauungspläne „Quartiersentwicklung Löhertor“ und „Graf-Spee-Straße“ beraten. Auch der Verkauf der städtischen Seniorenzentren Heilig Geist und St. Lioba an den Kreisverband des DRK Fulda stehen am Freitag auf der langen Tagesordnung des Stadtparlaments. „Wenn Sie die Zeit erübrigen können, kommen Sie doch einfach mal in den Fürstensaal des Fuldaer Stadtschlosses. Sitzungen der Stadtverordneten sind generell öffentlich – das bedeutet, dass alle Interessierte kommen und auf den Plüschstühlen in Altrosa Platz nehmen dürfen“, gibt die Stadtfraktion Die Linke.Offene Liste / Menschen für Fulda abschließend bekannt.
Stadtverordnetenversammlung Fulda
Freitag, 16. Dezember 2016, 15 Uhr
Stadtschloss / Fürstensaal
Schlossstraße 1 / 36037 Fulda
Hier geht’s zu den Haushaltsänderungsanträgen der Fraktion Die Linke.Offene Liste / Menschen für Fulda.