Initiative von Die Linke.Offene Liste / Menschen für Fulda
Fulda
Vor dem Hintergrund stark steigender Energiepreise und erhöhter EEG-Umlagen, können immer mehr Privathaushalte ihre Energierechnungen nicht mehr bezahlen. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes sind die Strompreise in Hessen seit 2005 um 39 % gestiegen. Aus einer Modellrechnung der Verbraucherzentrale geht hervor, dass rund 20 % der Haushalte gezwungen sind, 13 % ihres Einkommens für die Begleichung ihrer Energiekosten aufzuwenden.
„Gerade Menschen mit geringem Einkommen, SGB II- und SGB XII-Leistungsbezieher trifft diese Preisentwicklung besonders hart, weil die realen Strompreise in den Regelsätzen nicht ausreichend berücksichtigt werden. Im Landkreis Fulda sind allein schon 30% der Leistungsbezieher genötigt, Teile ihrer Mietkosten aus dem Regelsatz zu bezahlen, da es in Fulda kaum bezahlbaren Wohnraum gibt, den das Kreisjobcenter des Landkreises Fulda als angemessen anerkennt“, erläutert Dajana Andre von der Fraktion Die Linke.Offene Liste / Menschen für Fulda. „Für Geringverdiener, Leistungsbezieher oder Aufstocker ist das unzumutbar – und verstößt zudem gegen unser Grundgesetz.“
Die Anzahl der Menschen, die die steigenden Stromrechnungen nicht mehr bezahlen können, wächst. „Im Jahr 2014 wurde 351.802* Haushalten zumindest zeitweise der Strom abgestellt – in der Regel betraf das Menschen, die auf Transferleistungen wie das Arbeitslosengeld II angewiesen sind. Stromsperren müssen tabu sein, denn eine Grundversorgung mit Strom und Gas gehört zur Daseinsvorsoge und ist zur Erzeugung von Licht und Wärme, zur Kühlung von Lebensmitteln und zur Zubereitung warmer Speisen unverzichtbar. Die Versorgung mit Strom ist eine zentrale Voraussetzung für menschenwürdiges Wohnen und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und somit ein Grundrecht. Diese Problematik haben wir daher auf die Tagesordnung der kommenden Sitzung des Stadtparlaments gehoben“, informiert die linke Stadtfraktion Fuldas.
„Ein wesentlicher Grund dafür, dass die Stromrechnung gerade von Grundsicherungsempfängern nicht mehr bezahlt werden kann, liegt auf der Hand: Das Budget im Regelbedarf für Strom ist zu knapp bemessen. … Arbeitslosengeld-II-Empfänger(innen) bekommen aktuell 20 Prozent zu wenig für Strom. Die Grundsicherungsempfänger(innen) haben einen höheren Stromverbrauch, weil sie mangels oder wegen eingeschränkter Erwerbstätigkeit viel mehr Zeit zuhause verbringen. Und: Energiesparende Geräte können sie sich nicht leisten.“ Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung des Deutschen Caritasverbandes (DCV)+.
„Das können wir nicht tatenlos hinnehmen. Allerdings sind die konkreten Handlungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene begrenzt. Doch als Miteigentümerin des regionalen Stromanbieters RhönEnergie Fulda haben wir einen gewissen Einfluss auf dieses Unternehmen. Unsere Initiative wird am Montag, 19. September 2016 / 18 Uhr im Stadtparlament Fulda diskutiert.“
„Allein stehen wir mit unserer Forderung nach einem Strom-Sozialtarif nicht. Die Verbraucherzentrale, der Bund der Energieverbraucher und viele Sozialverbände wie die Caritas weisen schon lange auf das Problem hin und fordern Schutzmaßnahmen. Udo Schlitt, ehemaliger Vorsitzende des Sozialverbandes VdK Hessen – Thüringen warnte die Politik schon im Jahre 2012 vor den bedrohlichen Auswirkungen der überproportional steigenden Energiepreise für ältere Menschen, Familien mit Kindern, Kranke und Pflegebedürftige.“
„Die Initiativen anderer Städte lassen uns hoffen, dass auch unsere Stadt eine Möglichkeit zur Verwirklichung eines Sozialstromtarifes findet. Einige Tochtergesellschaften der privaten Stromversorger E-on und E-on Bayern bieten solche Tarife an. All jene Menschen, die von den Rundfunkgebühren befreit sind, bekommen einen zusätzlichen Rabatt auf den Strompreis. Nach diesem Berechnungsmodell handelt auch extra energy und bietet diesen Kunden einen ermäßigten Arbeitspreis an“, hat Dajana Andre recherchiert.
Die Stadtverordnetenversammlung findet öffentlich statt.
Besucher*innen sind herzlich willkommen.
Montag | 19.09.2016 | 18 Uhr
Stadtschloss | Fürstensaal| D 204 | Schlossstraße 1 | 36037 Fulda
+ aus: Monitoring-Bericht von Bundesnetzagentur (BNetzA) und Bundeskartellamt
* Stromsperren sind tabu
https://www.caritas.de/fuerprofis/fachthemen/sozialpolitik/energiearmut/stromsperrensindtabu
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Hier geht’s zum Antrag (Pdf).
Hier folgt der Wortlaut des Antrags:
22.08.2016
Antrag zur unmittelbaren Beratung und Beschlussfassung
SVV 19.09.2016
Keine Stromsperren – Strom-Sozialtarif für Haushalte mit Niedrigeinkommen
Die Linke Offene Liste / Menschen für Fulda beantragt, dass der Magistrat der Stadt Fulda in Verhandlungen mit der RhönEnergie tritt, um einen ermäßigten Tarif für Strom zugunsten der Menschen, die sich in wirtschaftlich schwierigen Situationen befinden zu verwirklichen.
Denkbar wäre es, dass die RhönEnergie die Grundgebühr nicht in Rechnung stellt und /oder einen ermäßigten Arbeitspreis pro verbrauchter Kilowattstunde anbietet.
Dies sollte vor allem für folgende Bürgerinnen und Bürger gelten :
• Schwerbehinderte mit dem Merkzeichen RF im Schwerbehindertenausweis, sofern diese ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können
• Empfänger von Sozialgeld oder ALG II einschl. Leistungen nach § 22
• Empfänger von Leistungen nach dem WoGG (Wohngeld)
• Empfänger von Leistungen nach dem SGB XII
• Empfänger von Leistungen nach § 6a des Kindergeldgesetzes (Kinderzuschlag)
• Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)
• Empfänger von Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsfördergesetz, die nicht bei den Eltern leben
• Sonderfürsorgeberechtigte im Sinne des § 27 des Bundesversorgungsgesetzes
• Empfänger von Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel SGB XII
• Empfänger von Hilfe zur Pflege als Leistung der Kriegsopferfürsorge
• Empfänger von Pflegegeld nach den landesgesetzlichen Vorschriften
• Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 27 a oder § 27 d des Bundesversorgungsgesetz
• Empfänger von Pflegezulagen nach $ 267 Abs. 1 des Lastenausgleichgesetzes
Begründung:
Die Linke.Offene Liste / Menschen für Fulda fordert, dass Stromsperren für Transferleistungsbezieher ein Tabu bleiben sollten. Wegen ständig steigender Preise können immer mehr Menschen ihre Stromrechnung nicht mehr bezahlen. Gerade Bezieher von Transferleistungen trifft diese Preisentwicklung besonders hart. Während Miete, Heiz– und Betriebskosten gesondert in der Sozialgesetzgebung berücksichtigt werden, müssen Empfänger von Leistungen nach dem SGB II und SGB XII die Stromkosten aus ihrem Regelsatz bestreiten.
Seit diesem Jahr bekommen Alleinstehende 404 €, 33,77 € davon sind für den Ausgabeposten Wohnen, Energie und Wohninstandhaltung vorgesehen.
Doch allein schon für den Strom geben die Haushalte nach Untersuchungen der Caritas, Check 24 und Stromspar-Check deutlich mehr aus, im Schnitt 44,74 €. Die rund 9 € müssen folglich an anderer Stelle eingespart werden, wobei wir betonen möchten, dass dann für die Posten des Regelsatzes für Wohnen und Instandhaltung nichts mehr zur Verfügung steht.
Da die Stadt Miteigner der Firma RhönEnergie ist, kann sie ihren Einfluss geltend machen und darauf hinwirken für Leistungsberechtigte Sondertarife einzuführen.
Dajana Andre
Die Linke.Offene Liste / Menschen für Fulda