Grundwerte und Rechtsstaat schützen

Vorgehen von Landrat und OB in der Kritik

Fulda
Die Stadtfraktion Die Linke.Offene Liste / Menschen für Fulda ist irritiert über das Vorgehen gegen Abdulkerim Demir, den Vorsitzenden des Fuldaer Ausländerbeirates. „Ginge es um eine Qualitätsprüfung, also darum, ob Integrationskurse den Vorgaben gemäß abgehalten werden, wäre das völlig in Ordnung. Doch Landrat Woide und Oberbürgermeister Dr. Wingenfeld erklären selber, dass sie die Eignung von Herrn Demir als Leiter der Integrationskurse in Zweifel ziehen, weil er zeitnah nach der Erschießung des jungen Afghanen Matiullah J. (19 Jahre) am 13. April letzten Jahres durch einen Polizisten öffentlich Kritik an Polizei und Justiz geübt hat.

„Dies offenbart, dass Nachhilfe in Sachen Rechtsstaat und Verfassung wohl auch das Duo Woide & Wingenfeld braucht. Kritik an Herrn Demir ist eine Sache. Dabei jedoch unsere Grundwerte nicht zu respektieren, geht gar nicht. Insbesondere nicht von Menschen an der Spitze unserer Verwaltungen, die doch in besonderer Weise Verantwortung für unser Gemeinwesen auf Basis unserer Verfassung tragen. Dazu gehört auch Artikel 3 (3), in dem es heißt: ‚Niemand darf wegen seiner … politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.'“

„Klar, auch von Herrn Demir muss in besonderer Weise eine Hinwendung zu unseren rechtsstaatlichen Prinzipien und Grundwerten erwartet werden. Doch Sorgen um unseren Rechtsstaat sollten wir uns wegen ganz anderer Vorfälle machen. Das Wirken rechtsradikaler Polizisten im hessischen Polizeidienst macht mittlerweile vielen richtig Angst. Am Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus (27.01.) haben Polizisten an der Polizeistation in Schlüchtern die Bundesflagge und die Hessenflagge kopfüber gehisst – dies ist in ‚Reichbürgerkreisen‘ üblich und stellt eine Verunglimpfung des Staates darstellt (vgl.§ 90a Strafgesetzbuch / Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates / Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole).

Die ermittelnde Staatsanwaltschaft jedoch stellte das Verfahren gegen die Beamten mit einer völlig kruden Begründung ein. So habe diese Art des Hissens auch die Bedeutung ‚Kapitulation‘ und ‚Ausrufen des Notstandes‘. Die Staatsanwaltschaft wollte nicht ausschließen, dass die Polizisten auf einen Notstand hinweisen wollten – unfassbar!“, erklärt die Fraktion die Linke.Offene Liste / Menschen für Fulda.

Dass die Ermittlungen zu Polizeigewalt nicht immer koscher ablaufen, war bereits Thema der Sendung „Report Mainz“ vom vergangenen Juli.

https://www.ardmediathek.de/ard/player/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzEwNDEzMzE/ (24.07.2018)

https://www.swr.de/report/pruegelnde-polizisten-versagt-die-justiz/-/id=233454/did=22120290/nid=233454/gdlqk0/index.html

Die Sendung basiert auf einer Untersuchung der Ruhr-Universität Bochum, die zu dem Ergebnis kommt, dass neun von zehn Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte wegen Verdachts auf rechtswidrige Gewaltausübung eingestellt werden. Der Leiter der Studie, Kriminologe und Jurist Professor Tobias Singelnstein nennt als Grund für die hohe Zahl der eingestellten Verfahren die besondere institutionelle Nähe der ermittelnden Behörden – also Polizei und Staatsanwaltschaft – zu den beschuldigten Polizeibeamten und fordert angesichts dieser Zahlen eine unabhängige Ermittlungsstelle, die in anderen Ländern längst üblich sei.

„Demokratie lebt von Beteiligung, Einmischung und Widerspruch – dies zu bestrafen heißt, die Weichen in die entgegengesetzte Richtung zu stellen – auch wenn das gar nicht beabsichtigt sein sollte“, so die Fraktion Die Linke.Offene Liste / Menschen für Fulda abschließend.

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