An Expert*innen-Wissen fehlt es nicht

Taubenhaus in der Fuldau = 76080,48 € teure Fehlplanung

Fulda
Seit Ende Mai 2015 ist nach über zweijähriger Planungs- und Bauphase das Taubenhaus am Rande der Fuldaaue fertiggestellt. Gekostet hat das Bauwerk exakt 76.080,48 €*. Im Juni 2015 hat ein Züchter 16 eigene Tiere hier angesiedelt, um Tauben aus dem Stadtzentrum anzulocken.

Der Standort war von Anfang an umstritten, da dieser zum einen zu weit entfernt vom Lebensraum der städtischen Taubenpopulationen ist und zum anderen ein Auengebiet zwar viele Vogelarten beheimatet – Tauben jedoch ein anderes Umfeld bevorzugen. Doch wider besseres Wissen wurde auf diese Notlösung gesetzt oder vielmehr beratungsresistent diese teure Fehlentscheidung getroffen und umgesetzt. „Das ist schon ein ziemliches Armutszeugnis. Dass nun aber noch per Gutachten geklärt werden soll, was der Stadt Fulda schon mehrfach und kostenlos von Vogelexperten und Menschen, die sich seit Jahren mit Lösungen für die Stadttauben beschäftigen, dargelegt wurde, lässt Schilda grüßen“, kommentiert Ute Riebold, Mitglied im Ausschuss für Bauwesen, Stadtplanung und Umwelt.

Ein kurzer Rückblick auf die vergangenen zweieinhalb Jahre seit Fertigstellung des Holzhauses:
Anfang Februar 2016 erklärte Bürgermeister Wehner auf eine Anfrage: „… Da von Beginn an klar war, dass das Taubenhaus eine gewisse Anlaufzeit benötigt, soll zunächst die weitere Entwicklung der Taubenpopulation im Jahr 2016 abgewartet werden.“
Ein Jahr darauf (Februar 2017) erklärte er auf eine weitere Anfrage: „… Ob das Taubenhaus den innerstädtischen Taubenbestand verringert, kann erst nach ca. 5 Jahren konkret beantwortet werden. …“
Weitere 4 Monate später (Juni 2017) antwortet Bürgermeister Wehner auf eine CDU-Anfrage: „… Insgesamt wird das Taubenhaus von den Tauben gut angenommen.
Einen Rückgang der Tauben aus dem innerstädtischen Bereich wird allerdings nicht deutlich wahrgenommen. Dafür bedarf es der Beobachtung über einen längeren Zeit-raum. Ungeachtet des Taubenhauses am Rande der Innenstadt wird derzeit überprüft, ob weitere kleine Taubenschläge im innerstädtischen Bereich sinnvoll sind. Hierzu wird derzeit eine Ausschreibung vorbereitet, um einen Gutachter hinzuziehen zu können. …“

Ein erneuter Stillstand von einem knappen halben Jahr folgte: Die Anfrage der CDU im Rahmen der Haushaltsberatungen wird fast gleichlautend wie im Juni beschieden.

Anstatt einfach einen Punkt zu machen und nun endlich die Fachleute ernst zu nehmen wird seit Monaten auf ein Gutachten verwiesen, was weder nötig ist noch in Auftrag gegeben wurde. Statt sich in Selbstkritik zu üben, wird der schwarze Peter auf Menschen geschoben, die sich um das Wohl der Stadttauben sorgen. „Das Füttern von Tauben mit artgerechtem Futter am Uniplatz hält die Tauben sicher nicht davon ab, sich in der Fuldaaue anzusiedeln. Das ist weder das Problem noch die Lösung des Problems.“ Frau Riebold hat Verständnis für Menschen, die nicht weiter darauf warten wollen, dass den Tauben in ihrem Lebensraum ein Ort eingerichtet wird, in dem sie Körnerfutter erhalten und der Bestand tierschutzgerecht durch Austausch von Eiern gegen Attrappen reguliert werden kann: „Das ist auch im Sinne des Denkmal- und Gebäudeschutzes, der Menschen und der Hygiene. Der Kot der Tauben ist nur durch die ungesunde Nahrung schädlich für Gebäudefassaden. Durch eine artgerechte Fütterung – Tauben sind Körnerfresser – und Unterbringung werden solche Schäden verhindert. Nicht von ungefähr wurde Taubenkot früher als hochwertiger Dünger verwendet. Mit der Androhung der Erhöhung der Geldbuße von eigenen Verfehlungen abzulenken ist weder angebracht, noch souverän oder integer.“ Bereits heute könnte ein Verstoß gegen das Taubenfütterungsverbot (Ordnungswidrigkeit) mit einer Geldbuße bis 5000 € belegt werden. „Da frag ich mich, welche Strafe dem Bürgermeister so vorschwebt. Es wird darüber nachgedacht, von älteren Damen für das Verteilen von Körnern hohe Geldbeträge zu verlangen und andererseits wird das Menschen gefährdende Zuparken von Radwegen mit 20 € geahndet – wenn überhaupt eingeschritten wird.“

Seit fast eineinhalb Jahrzehnten schon wird in Fulda ein Taubenschlag gefordert, um die Population in der Innenstadt tierschutzgerecht regulieren zu können – früher wurde auch Gift verwendet. Im März 2006 wurde das erste Mal ein Taubenhaus angekündigt – von dem damaligen Bürgermeister Dippel, der auf eine Zusammenarbeit mit der Ferdinand-Braun-Schule (geplant war, der Bau eines Taubenschlages durch Schüler) setzte. Dies hatte sich zerschlagen, wie so viele nachfolgende Ideen und Ankündigungen auch: Museumsbau, Karstadt, Dächer der Bahnhofsgebäude, Hexenturm, Parkhäuser…

Abschließend wird erklärt, warum wir alle – insbesondere aber die Taubenzüchter – eine besondere Verpflichtung und Fürsorge den Tauben gegenüber haben: „Stadt-tauben sind keine Kulturfolger, sondern verwilderte Haustauben. Diese wiederum sind domestizierte Felsentauben (Columba livia). In der 6500 Jahre andauernden Domestikation hat der Mensch durch Züchtung beispielweise die Fruchtbarkeit dieser Tiere gesteigert. Felsentauben sind sehr standorttreu, daher kann man sie als Boten (Brieftauben) nutzen. In dieser Standorttreue liegt auch begründet, dass die Tauben nicht von der Innenstadt in die Fuldaaue umziehen. Und da ihr ursprünglicher Lebensraum Felsen waren, fühlen sie sich in diesem Grüngürtel auch gar nicht wohl. Offene Dachböden, Mauernischen, Türme, Brücken und Balkone dienen als Felsenersatz. Auf Bäumen oder in Baumhöhlen können sie gar nicht brüten.“

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Die Taubenhaus-Baukosten  76080,48 € waren folgendermaßen haushaltswirksam
2014  4.678,77 € | 2015  70.038,42 € | 2016  1.363,29 €

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